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Diese Pluspunkte bieten die neuen Züge der Berliner S-Bahn

18.09.2018

Auf der Bahntechnikmesse Innotrans wird der erste Zug der neuen Generation erstmals öffentlich vorgestellt.
Berlin. Ihre erste Station hat Berlins neue S-Bahn schon mal pünktlich erreicht. Der erste fertige Zug der neuen Schnellbahn-Generation kann – wie vom Herstellerkonsortium aus Stadler und Siemens 2016 angekündigt – auf der diesjährigen Bahntechnikmesse Innotrans erstmals öffentlich präsentiert werden.

Was Christian Gaebler, Chef der Senatskanzlei, schon mal euphorisch werden ließ. „Die neue Berliner S-Bahn ist eine Erfolgsgeschichte“, sagte er am Dienstag bei der Vorstellung des Zuges auf dem Messegelände am Funkturm. Vielleicht auch, um ein wenig vergessen zu machen, dass das lange Zögern im Senat die Ursache dafür ist, dass die dringend benötigten Züge erst Ende 2015 in Auftrag gegeben wurden. Somit werden sie nicht vor 2021 in den regulären Einsatz kommen. Eigentlich sollten die neuen Bahnen schon ab Dezember 2017 durch die Stadt fahren.

Immerhin: Seit Vergabe des mit rund 900 Millionen Euro bezifferten Lieferauftrags halten Siemens und Stadler alle ihre Terminzusagen ein. Zu sehen bekommen die Innotrans-Fachbesucher aus aller Welt, und zu den Publikumstagen am Wochenende auch alle interessierten Berliner, den Zug mit der Seriennummer 484-002 – eines von zehn Vorserien-Fahrzeugen. Jeweils fünf Vier-Wagen- und Zwei-Wagen-Einheiten hat die S-Bahn Berlin GmbH geordert. Sie werden derzeit im Stadler-Werk in Pankow montiert (unter dem Slogan: Aus Berlin. Für Berlin), Siemens liefert vor allem die Steuerung und elektrische Ausrüstung für die Bahnen.

Bereits beim Betreten des durchgängig begehbaren Zuges bekommen die Besucher eine von mehreren Service-Verbesserungen zu spüren: Erstmals in ihrer gut 90-jährigen Geschichte wird die S-Bahn klimatisiert sein. Ein echter Gewinn, wie zahlreiche Fachbesucher konstatierten. Anders als etwa bei der New Yorker Subway werden die Züge aber nicht auf Eiskeller-Temperatur gebracht. Der Unterschied zur Außentemperatur betrage höchstens vier Grad, so einer der Stadler-Ingenieure. Für eine noch stärkere Klimaanlage fehle nicht nur der Platz, sie würde auch das Gewicht des Zuges, seinen Preis und die laufenden Betriebskosten deutlich erhöhen. Dies sei nicht nötig, hatten bereits frühzeitig die Vertreter der Länder Berlin und Brandenburg entschieden, die den Fahrzeugkauf letztlich über einen Verkehrsvertrag mit der S-Bahn Berlin GmbH finanzieren.

Weiterer Pluspunkt der neuen Zuggeneration: Die Fahrgastinformation wird sich verbessern. Es gibt nicht nur an der Front eine Anzeige, sondern auch an den Seiten der Wagen. Eine Hilfe für all diejenigen, die bei der Einfahrt des Zuges nicht genau hingeschaut haben.

Mehr Platz für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Fahrräder

Im Vergleich zu den Vorgänger-Generationen gibt es in den Zügen der Baureihen 483 (Zweiteiler) und 484 (Vierteiler) zudem mehr Platz für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Fahrräder. Die Mehrzweckbereiche sind (mit Klappsitzen an den Seiten) jeweils hinter dem Fahrerhaus an der Front und am Ende des Zuges eingerichtet, das Fahrradabteil in der Mitte der Vierwagen-Einheit. Große Symbole an den Fenstern sollen die Orientierung erleichtern. Mehr Raum für die einen, bedeutet aber weniger Platz für andere. Mit 80 (Zweiteiler) sowie 184 (Vierteiler) stehen in den Züge weniger Sitzplätze zur Verfügung als in den Vorgängern. Zum Vergleich: Die aktuell eingesetzten Doppelwagen der Baureihe 481 verfügen etwa über 94 Sitzplätze.

Weiter für Diskussionen unter den Berlinern dürfte die Farbgebung der neuen Züge sorgen. Außen werden sie zwar weiter in den Traditionsfarben Bordeauxrot und Senfgelb lackiert, jedoch in einen helleren Farbton und ohne schwarze Trennstreifen. Dafür sind Türen komplett schwarz, was in Kombination mit LED-Anzeigen ihre Erkennbarkeit für Sehbehinderte verbessern soll.

Im Wageninneren erhalten Sitze blau-schwarze Bezüge, wie sie in allen Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn üblich sind. Für Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband Igeb kein Grund zur Beschwerde. „Wenn das dabei gesparte Geld in die Zuverlässigkeit der Züge gesteckt wurde, können wir damit durchaus leben.“ Insgesamt gebe es bei der neuen Zuggeneration wenig zu meckern. Und das sei schließlich das größte Lob, das ein Berliner gebe könne.

Berlin bekomme die beste S-Bahn, die die Stadt je hatte, versprach Sabrina Soussan, Chefin der Bahnsparte von Siemens am Dienstag. Ob dieses Versprechen hält, wird sich jedoch erst in gut zwei Jahren zeigen. Am 1. Januar 2021 soll die neue Bahn erstmals regulär mit Fahrgästen fahren, zunächst auf der S47 von Südkreuz nach Spindlersfeld. Bis Ende 2023 kommen dann alle 106 bestellten Züge in den Einsatz, vor allem auf den Ringbahnlinien S41 und S42, aber auch den Zubringerlinien S8, S46 und S47.

Autor/Agentur: Thomas Fülling
Quelle: Berliner Morgenpost
Medium: Tageszeitung
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